Zur Realität wurde der Traum vom eigenen Waggon im Frühsommer 2009.
Einen richtigen Plan hatte ich nicht, als sich die Chance auf zwei alte
Postwaggons ergab. „Ein Geschäftsmann aus Basel hatte zwei baugleiche
Wagen im Angebot, die in Krefeld standen“. Es ging eine Weile hin und her.
Dann haben ich die beiden Waggons gekauft.
Ein Grundstück hatte ich noch nicht. Parallel habe ich
mit den Vorarbeiten an den beiden Eisenbahnwaggons in Krefeld und mit
der Grundstückssuche begonnen. Letztere gestaltete sich überaus
schwierig. Man kann zwei Postwaggons nicht
'mal eben' in ein Wohngebiet stellen. Und man kann auch nicht in einem
reinen Industriegebiet wohnen. Also blieb ein Mischgebiet, wo Platz
fürs Fotostudio und für das Haus war. Es gab mehrere mögliche
Standorte, doch viele Ideen zerschlugen sich rasch wieder. Schließlich
galt es nicht nur, ungezählte Auflagen zu erfüllen. Der Transport von
zwei 27 m langen Eisenbahnwaggons stellt auch hohe Anforderungen an die
verkehrsgeografische Lage.
Es wurde schließlich Marl-Sinsen. Im November rollte dann der Schwertransport mit den frisch
geschliffenen und lackierten Postwaggons an. Das war vielleicht das
Highlight der gesamten Bauphase. Zwei Waggons von Krefeld nach
Marl-Sinsen zu bekommen, das hatte schon was. Die ganze Sache dauerte
drei Tage.
Jetzt ging die Arbeit erst so richtig los. Die Waggons wurden entkernt,
fast komplett auseinander genommen und wieder zusammengesetzt. Ziel
war es, alles möglichst original zu erhalten - bis hin zur Notbremse.
Allerdings muss ein Haus ja auch bewohnbar sein und gewissen Standards
entsprechen. So wurde etwa die Innenverkleidung vorsichtig
entfernt, um die Waggons dämmen zu können. Ebenso vorsichtig wurde die
Verkleidung anschließend wieder montiert. Die Decken mussten raus, der
Boden ebenso und nicht zuletzt auch die Postfächer, in die die
Zugbesatzung einst bei voller Fahrt die Briefe sortierte. Zeitweise
stand da nur noch die nackte Stahlhülle der Wagen. Es musste
alles in Eigenleistung gemacht werden, sonst wäre es nicht zu bezahlen
gewesen. Abgesehen davon, haben viele Handwerker beim Anblick unserer
Eisenbahnwaggons sowieso kapituliert.
Natürlich geschah auf dem Weg bis zum Einzug immer wieder
Unvorhergesehenes. Da kann auch schon mal der Einbau der Keramik zur
Herkules-Aufgabe mutieren. Da, wo das Fallrohr der Toilette abgehen
sollte, befand sich das Drehgestell des Waggons. Da hast du keine
Chance. Wenn auch die Baustelle noch für eine ganze Weile Dauerzustand
bleiben dürfte, so folgte Silvester 2010 doch der langersehnte Einzug
ins Eigenheim. Kochen ging da schon, nur leider nicht duschen.
Die Wasserleitung war eingefroren, es war bitterkalt und es fehlte noch
die Dämmung.